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Friedrichstadt-Palast lädt Diplomaten aus
Der Friedrichstadt-Palast will keine Botschafter schwulenfeindlicher Staaten bei seinen Premieren

Am 23. Oktober brauchen sich die Botschafter aus 83 Staaten wie Saudi-Arabien, Russland, Indien, Ghana oder Ägypten keinen Termin für die Premiere der Revue „The Wyld“ im Friedrichstadt-Palast vormerken. Anders als in der Vergangenheit wird Intendant Berndt Schmidt den Exzellenzen diesmal keine Einladung samt Ehrenkarte zukommen lassen. Der Grund: Die 83 Herkunftsländer der Diplomaten stehen auf einer „pinken Liste“ und gelten als schwulenfeindlich. Der Friedrichstadtpalast wolle mit der Ausladung der Botschafter ein Zeichen gegen Homophobie setzen, so Berndt Schmidt.

„Wir feiern unsere Premieren nicht mit Vertretern, die Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung unterdrücken, drangsalieren oder kriminalisieren.“ Berlin stehe nach den mörderischen Nazi-Erfahrungen heute für Toleranz und Freiheit.

Der urlaubende Intendant war nicht erreichbar, erläutert jedoch auf Facebook die Gründe für die Entscheidung seines Hauses. Als Unterhaltungstheater könne man sich zwar nicht in jeder tagespolitischen Frage auf einen Standpunkt festlegen, „in einer Sache jedoch haben wir eine klare Haltung, die wir stets mit friedlichem Nachdruck vertreten: Wir sind tolerant. Nur gegenüber Intoleranz sind wir intolerant.“

Deshalb werde man Botschafter aus Ländern, die Homosexuelle drangsalieren, nicht einladen, denn „es ist niemandem zuzumuten, mit Menschen im gleichen Raum zu feiern, die Staaten repräsentieren, in denen manche von uns und manche von Euch hingerichtet, verstümmelt, gedemütigt oder eingesperrt würden oder unter Strafandrohung nicht öffentlich über ihre normale (aber nicht mehrheitliche) sexuelle Orientierung sprechen oder diese nicht zeigen dürfen.“

Schon 2012 hatte der Friedrichstadt-Palast vor dem Hintergrund des Erlasses antischwuler Gesetze in Russland erklärt, bis auf weiteres nicht mit russischen Organisationen und Künstlern zusammenzuarbeiten. Intendant Schmidt betont, dass sein Haus dabei sehr wohl zwischen dem Land, den Menschen, den Künstlern und der schwulenfeindlichen Politik Russlands unterscheide.

Unterschiedliche Reaktionen auf den Einladungsboykott

Berliner Kulturpolitiker reagieren auf den Einladungsboykott unterschiedlich. Gegen den Protest habe er nichts, sagt der kulturpolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Stefan Schlede. Er habe aber Zweifel, ob die Ausladung das richtige Mittel sei. „Die Shows im Palast verkörpern die Vielfalt der Lebensstile in Berlin. Deshalb sollte man die Botschafter der genannten Länder bewusst einladen, um sie damit zu konfrontieren. Ausladung verhärtet nur die Fronten.“

Ähnlich äußerte sich Sabine Bangert, Grünen-Kultursprecherin. Der Protest des Theaters sei sympathisch, „aber ich glaube, die Ausladung wird das Denken in den Ländern der betroffenen Botschafter nicht verändern“. Ihr queerpolitischer Kollege Thomas Birk sagt dagegen, der Boykott sei ein gutes Signal. „Ich begrüße sehr, was Intendant Schmidt da macht.“

Berliner Zeitung, [27.07.2014]; Foto: Foto: Friedrichstadt-Palast / Götz Schleser